Esoterischer Flurfunk? Kemp Elektronik Schumann Resonanz Plug
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Getreu dem Motto „Neue Lautsprecher kaufen kann jeder“ habe ich mich noch etwas weiter in den Wald der esoterisch beleumundeten Elektro-Wunder getraut und bin auf Kemp Elektronik gestoßen. Die Niederländer haben neben Kabeln und Verteilern auch ein paar interessante Stecker im Angebot, die für besseren Klang sorgen sollen. Und zwar jenseits der Anlage. Einer davon ist der Kemp Elektronik SR Plug, wobei das SR für Schumann Resonanz steht. Kennen Sie nicht? Kannte ich auch nicht und habe mal nachgeschlagen:
Hintergrund
Im goldigen Jahre 1952 entdeckte der deutsche Physiker Wilfried Otto Schumann, dass der Raum zwischen Ionosphere und dem Erdmantel mit seinen salzhaltigen Meeren wie ein Resonanzraum für elektromagnetische Wellen wirkt.
Angeregt beispielsweise durch Blitze lassen sich mit sehr empfindlichen Messgeräten äußerst niederfrequente Wellen nachweisen, deren niedrigste 7,83 Hertz hat, was einer Wellenlänge von rund 38.000 Kilometern entspricht. Falls Ihnen die Zahl irgendwie vertraut vorkommt – sie entspricht ungefähr dem mittleren Erdumfang mit seinen rund 39.985 km.
Neben der niedrigsten Frequenz gibt es noch weitere Frequenzen, quasi Obertöne, die bei 14,3 Hz, 20,8 Hz, 27,3 Hz und 33,8 Hz liegen. Das Phänomen nebst Frequenzen ist als Schumann Resonanz bekannt. Das besondere dieser Frequenzen ist, dass sie die Erdoberfläche gegen elektromagnetische Wellen und kosmische Strahlen abschirmen und damit Flora und Faune munter weiter gedeihen lassen.
Der Kemp Elektronik SR Plug agiert laut Hersteller analog zu diesem physikalischen Phänomen, nur im Kleinen. Auch er erzeugt die Schumann-Frequenz von 7,83 Hz, in einer bestimmten Einstellung auch mit den Obertönen, also den weiteren Schumann-Frequenzen. Das soll der Flut an Radiowellen und elektromagnetischer Strahlung entgegen wirken, mit der sich die zivilisierte Menschheit zunehmend selber den Alltag… – bereichert?
Ob und wie der Stecker das tut, werden wir gleich mal ausprobieren. Vorher aber noch schnell auspacken:
Lieferumfang
Der Kemp Elektronik SR Plug kommt in einem schlichten weißen Pappkarton, der unwesentlich größer als sein Inhalt ist. In einen Beutel aus Luftpolsterfolie verpackt, hat der Plug als Begleiter eine achtseitige Broschüre dabei, die erläutert, was Schumann Frequenzen sind, wie der Stecker sie nutzt, wie man ihn einsetzt und was man davon hat.
Die zweite Hälfte des Begleitpapiers besteht aus Testimonials zufriedener Kunden, die beschreiben, wie der Stecker ihr musikalisches Leben bereichert. Eine nette Einstimmung, sollte man meinen. Oder eine drollige Schmunzellektüre.
Qualität und Verarbeitung
Der Kemp Elektronik SR Plug misst 8 x 5 x 5,5 cm, wobei die Tiefe einschließlich Schuko-Stecker gemessen ist.
Neben dem Schuko-Stecker kragen aus dem Gehäuse noch ein Potentiometer und eine 2,5 Meter lange Antenne, die dünn wie ein Faden ist und in schwarz oder weiß gewählt werden kann.
Der SR Plug ist erstaunlich schwer für seine Größe und er wirkt sehr robust. Die Haptik ist angenehm und wertig, die Kontakte des Steckers wirken sehr sauber verarbeitet. Der Poti dreht zäh und gleichmäßig um eine einfache Skala und die Antenne wird mit einem Schutzgummi aus dem Gehäuse geleitet. Damit sollte sie trotz filigraner Dimension ausreichend gegen Zug-Effekte geschützt sein.
Schmankerl Innenleben
Während andere Hersteller gerne ein großes Geheimnis um das Innenleben ihrer Wunderwaffen gegen akustische Alltagstücken machen, präsentiert Kemp Elektronik ganz offen ein Foto der Platine seines SR Plugs. Die Abbildung auf der Website zeigt hierbei, dass verschiedene Bauteile mit WA Quantum Chips bestückt sind. Ein Aufkleber auf der Unterseite des uns zugesandten Plugs verweist zudem auf ci2p-Technologie von Gabrieltech.
Prinzipiell ließe sich das Gehäuse mittels Kreuzschlitz-Schrauben auch öffnen und ich könnte direkt nachsehen, wie es bei dem hier befindlichen Plug ausschaut. Aber da es nur eine Teststellung ist, verzichte ich lieber darauf.
Anwendung
Der Kemp Elektronik SR Plug lässt keine Zweifel über seine Anwendung aufkommen: In einen freien Steckplatz applizieren, schon ist das gröbste geschafft.
Die Feinheiten offenbaren sich danach: Kemp Elektronik empfiehlt, die Antenne vertikal, also von unten nach oben genau mittig zwischen den Lautsprechern zu platzieren, am einfachsten direkt an der Wand.
Als Einstellung für den Start raten die Niederländer, das Poti auf die Mittelstellung zu bewegen. Anschließen kann der Effekt der Schumann Resonanzfrequenz durch drehen nach links und rechts den eigenen Vorlieben und den Bedingungen des Hörraums angepasst werden.
Wer das Poti komplett nach rechts dreht, erhält die stärkste Sendeleistung und in dieser Stellung zugleich auch die Obertöne der Schumann-Basisfrequenz von 7,83 Hz. Das werde aber vielfach als zu intensiv wahrgenommen, teilt das Beiblatt zum Plug mit.
Egal. Ich probier das einfach alles mal aus.
Wirkung
Eingesteckt in den Powerstar, der die Kette versorgt, und mittig eingepegelt, darf der Kemp Elektronik SR Plug zeigen, was in ihm steckt (respektive aus ihm herauskommt). Der erste Eindruck: Nix. Jedenfalls nicht über Lautsprecher. Die Standard-Stücke für Tests klangen eigentlich so wie immer. Vielleicht eine Nuance klarer? Vielleicht eine kleine Spur farbiger? Kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Was nun?
Abwarten und Tee trinken, heißt es. Das tat ich nicht, sondern griff zu den Kopfhörern. Und schon da beschlich mich langsam der Eindruck, es klinge doch anders – ausgewogener, fixer, präziser und im Bass runder. Bei Elektrostaten, wohlgemerkt, die eh verdammt fix, präzise, ehrlich und sauber sind, dafür aber nicht so bassrund.
Als ich am folgenden Morgen wieder in den Hörraum kam, folgte der Alltagstrott: Die Kette einschalten, ein Stück nach Gusto auswählen und als Hintergrundmusik laufen lassen, während ich mich an den Schreibtisch setze. Der steht weder exakt mittig, noch auf dem Sweet-Spot. Nur irgendwie halbwegs ok. Reicht ja für Hintergrundmusik. Und die klang anders als sonst.
Was als erstes auffiel war das Plus an Klangfülle bei geringer Lautstärke. Die HD 311 Retro möchten nämlich gerne mit etwas Leistung gefüttert werden, damit sie optimal klingen. Hier gab’s für den Alltag aber keine Leistung, sondern nur ein paar Klang-Völtchen. Daraus machten die Boxen zur Überraschung dieses Mal erstaunlich viel: Breite und Fülle des Frequenzspektrums waren schon bei Zimmerlautstärke merklich präsenter, dazu wirkte die Wiedergabe selbstverständlicher und lockerer. Ein netten Beiboot für die Arbeit.
Neugierig geworden, habe ich über die nächsten Tage gezielt verschiedene Problemkinder aus der Musikbibliothek vorspielen lassen. Mit erstaunlichen Ergebnissen:
Das eher matt gemischte Album Atlanta von Steven Wilson ließ plötzlich Raum und Klangfrische entdecken. Der Bass zog straffer, die Mitten wurden wärmer und der Gesamtklang wirkte ausgewogener. Und während Mr. Wilson sonst eher bemüht sang, wirkten Stimmen wie Instrumente plötzlich gelassen und selbstverständlich. Nanu?
Ein anderer Kandidat für kritische Ohrenblicke ist Brahms German Requiem in der Einspielung des London Symphony Orchestra unter Valery Gergiev. Prinzipell von schönem Klang, wirkt das Album aber manchmal etwas matschig und flach. Und jetzt? Entdeckung Nr.1: Mehr Bühne, der Chor im Halbrund aufgestellt und das Orchester unterhalb der Sänger. Das ist eindeutig umsortiert… – Entdeckung Nr.2: Schwarze Löcher. Genauer gesagt der schwer zu beschreibende Eindruck, dass zwischen den diversen Schallquellen feine Barrieren eingezogen sind, die es noch leichter machen, den Ursprung eines Tons präzise zu lokalisieren. – Entdeckung Nr.3: Mehr Klangfülle und Druck, wobei es an letzterem auch sonst nicht mangelt, nur dass er sich entspannter artikuliert. Oh.
Auch ein paar andere Stücke, die ich nicht so oft höre, mussten sich einreihen. Als erstes der Doors Klassiker Raiders On The Storm. Besonders charmant war die Entdeckung, dass über die gesamte Spielzeit von 7:15 Minuten der Regen im Hintergrund des Stückes so natürlich aus den Lautsprecher floss, dass ich nach einem Wischlappen gelaufen wäre, hätte ich das Stück nicht schon gekannt. Jim Morrison stand wie selbstverständlich im Raum und bewegte sich vor dem Solo hörbar in den Hintergrund der plastischen Bühne. Und auch die Instrumente selbst klangen wie live im Raum aufgestellt und prima gegeneinander abgegrenzt.
Ebenfalls vorspielen durften Thelonius Monk with John Coltrane, und zwar Epistrophy. Die alte Analog-Einspielung kredenzt der Mac als 44,1 kHz/16 bit CD-Rip, und darüber ließe sich bereits trefflich diskutieren. Statt dessen lauschte ich lieber und war überrascht: Jazzkellerig, eindeutig. Und zwar wirklich Keller, dazu eine kleine Bühne mit greifbaren Instrumenten in realistischer Sortierung. Ein herrlich authentischer Klang und nicht die Spur von digitaler Rechthaberei. Merci!
Nebeneffekt am Hörplatz
Und noch etwas bemerkte ich, und zwar schon am ersten Abend, und der Effekt hält erfreulicher Weise bis heute an:
Nach einem langen Arbeitstag, der überhaupt nicht mit Musik-Analyse gefüllt war, fühlte ich mich erstaunlich gelassen und frisch. Und ich war, anders als sonst, noch in der Lage, zu später Stunde eine ausgiebige Can-Session dran zu hängen. Gute zwei Stunden Musik über Kopfhörer, und zwar als ermüdungsfreier Genuss.
In Summe sind die Folgen des Kemp Elektronik SR Plugs schon sehr interessant, wenn auch schwer zu glauben. Selbst für mich, auch wenn ich es am eigenen Leib und in den eigenen Ohren erfahren habe.
Poti-Rotationen
Die bisherigen Erkenntnisse waren mit der empfohlenen mittigen Poti-Stellung erzielt worden (und unter Umgehung der Klangregelung des Verstärkers, versteht sich). Nun lässt sich das Reglerchen am SR Plug auch hin und her drehen, und das folgt als nächste Aufgabe.
Stellung | Effekt | ||
Poti-Stellung min | Die Indikator-LED blinkt munter grün im Unterboden des SR Plugs; eine akustische Veränderung lässt sich nicht ausmachen | ||
Poti-Stellung 1/4 | Die Musik klingt etwas offener und räumlicher mit natürlicherem Ausdruck | ||
Poti-Stellung 1/2 | Wie oben ausführlich beschrieben: schönere Bühne mit mehr Plastizität und natürlicherem Musikfluss bei feinerer Differenzierbarkeit | ||
Poti-Stellung 3/4 | Ruhiger und entspannter bei noch einer Spur feinerer Lokalisierung und vollerem Klang; Bühne etwas kompakter und Gesamtbild etwas enger | ||
Poti-Stellung voll | Noch entspannterer Musikfluss mit weiteren Details; allerdings weicherer Attack und fülliger mit leicht übertriebener Wirkung besonders in dichten Passagen – Klassik wie Rock |
Tatsächlich verändert die Poti-Stellung den akustischen Eindruck, und in meinem Hörraum erweist sich eine Regler-Stellung leicht rechts der Mitte als optimal für die Wiedergabe: Bühne, Transparenz, Lokalisierbarkeit, Ausgewogenheit, Leichtigkeit, Entspanntheit, Druck, Dynamik und Drive machen alle einen Schritt nach vorne, während sich die Musik sehr entspannt genießen lässt. Was eine Steckdose so alles entfesseln kann…
Das neutrale Ohr
Damit meine generelle Skepsis noch eine Chance bekommt, nutzte ich die Gelegenheit, das zufällig herein schneiende neutrale Ohr auf den Hörplatz zu bugsieren. Freie Musikwahl, dieses Mal P!nk, was mich eine skeptische Augenbraue heben lässt. Aber sei’s drum, bei Vertrautem zeigt sich ja oft am schnellsten, ob und was sich ändert. Und ändert sich etwas?
„Sie steht schön im Raum und hat tollen Druck“, findet der unfreiwillige Proband. Als ich den Stecker während der Wiedergabe aus dem Steckplatz ziehe und später wieder einstecke, geschieht auch das nicht unbemerkt. „Da hast du gerade etwas geändert“, hallt es aus dem Ledersitz. Und: „Jetzt ist es wieder besser.“
Den Zugewinn an Bühne und Natürlichkeit hörten die jugendlichen Ohren allerdings nicht so deutlich, was nicht dem Stück geschuldet sein dürfte, wie mein Nachtest zeigte.
Möglich, dass die Ohren anders hören, möglich, dass die Wirkung des Plugs anders wahrgenommen wird und vielleicht die Poti-Stellung geändert werden müsste. Möglich, dass jeder anders wahrnimmt, zumal eine fremde Kette. Dieser Rest Skepsis halbiert daher in der Wertung den fünften Stern.
Fazit
Zugegeben, eine einzelne Schwingung, erzeugt mittels eines 300 Euro teuren Elektrokästchens mit Fadenantenne, als musikalischen Heilsbringer zu betrachten mutet reichlich drollig an. Doch so gerne ich mal kritisch sein möchte, der Kemp Elektronik SR Plug macht mir einen Strich durch die Rechnung:
Ganz offenkundig sorgt er für eine entspanntere Atmosphäre und ein ebensolches Klangbild, das mit Zugewinn an Fülle, Augewogenheit, Raum, Präsenz und Authentizität gute Argumente für die Ausgabe liefert, auch wenn nicht alle Ohren in gleicher Intensität seine Wirkung zu realisieren scheinen, zumindest nicht spontan. Trotzdem:
Wenn Strom, Rack und Entkopplung erledigt sind und der Hörraum nicht wie ein Kirchenschiff hallt, ist der Kemp Elektronik SR Plug in jedem Fall einen Versuch wert. Sensible Ohren und gestresste Audiophile werden ihn zu schätzen wissen.
Produkt-Daten
Produkt: Frequenz-Emitter
Hersteller: Kemp Elektronik
Modell: SR Plug
Besonderheit: Schumann Resonanz Emitter, ci2p und WA-Quantum veredelt
Maße: 8 x 5 x 5,5 cm
Max. Spannung: 100 – 240 V
Netz-Frequenz: 50/60 Hz
Nenn-Strom: 8 mA
Preis: 388,00 Euro (Stand 12-2023)
Hersteller-Website: Kemp Elektronik
Abbildungen: HRM
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