Immer dieser Hörraum

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Wer aufmerksam das Impressum von HighResMac liest, wird bemerkt haben, dass meine Kette umgezogen ist. Sie hat mich freundlicher Weise mitgenommen, so dass ich nicht ohne Musik sein muss. Aber so nett das klingen mag – ein Umzug hat seine Tücken. Und dabei ist der Rumschleppen der diversen Kartonagen noch das geringste Problem. Eines nämlich sticht aus allen anderen Problemen am lautesten hervor. Sein Name: Der Hörraum.

Böses Dilemma

Da hat man(n) nun also über Jahre in akribischer Feinstarbeit nach und nach die ausgewählten (oder zugeteilten) vier Wände so analysiert und interpretiert, dass der Klang aus der Konserve endlich nicht mehr nach Dose klingt und die Dosen erlesenen Klangs ihre quasi-heilende Wirkung ungetrübt entfalten können, da stehen auch schon die Möbelpacker vor der Tür, räumen alles aus, laden es ein, fahren es durch die Gegend, packen es schließlich wieder aus und fragen kurz und knapp: „Und wohin damit jetzt?“

Hätten die Herren geahnt, was sie da sagten…!

Wohin damit jetzt? Ein Haus hat leider die Unart, einer Reihe von Räumen zur Verfügung zu haben. Und während bei Küche und Bad die Sache klar gelagert ist, der Wohnraum eventuell auch tabu bleibt, können die restlichen Räume durchaus als potenzielle Klangoasen in die engere Wahl kommen.

Was also tun?

Schritt 1 ist, durch die Räume zu gehen und mit jemandem zu plaudern. Dachte ich mir so. Denn wenn die menschlichen Stimmen natürlich klingen, kann die Raumakustik dem Klangspektakel auch nicht sonderlich schaden. So die Theorie.

Also beherzt durch die Räume marschiert, mit den Damen des Hauses parliert, sie teilweise involviert (und damit partiell irritiert), während ich eine kleine Hitliste erstellte:

  1. Rückwärtiger Raum
  2. Vorderer Raum
  3. Dachoase

In allen drei Räumen klang der Klang der plaudernden Stimmen recht stimmig, weitgehend realistisch und von allen Partien übereinstimmend als OK bewertet.

Und nun?

Das Maßband rausgeholt und die Quader in Zahlen abgebildet. Mit diesen Werten wurden dann die Felder des Lautsprecher-Rechners von Dr. Jörg Hunecke gefüttert, so dass dieser – der Rechner – seine von physikalischen Formeln diktierte Meinung zum besten geben konnte. Das Ergebnis:

  1. Rückwärtiger Raum
  2. Dachoase
  3. Vorderer Raum

Oh ha!

Da hat die Berechnung wohl andere Ohren als der geneigte Hörer in spe. Mit Folgen, und zwar körperlicher Art. Statt einfach einen Raum mit der Kette zu bevölkern, wird ein Basis-Set bestehend aus Verstärker, DAC, Boxen und Mac nebst Kabeln drei Tage lang durchs Haus geschafft.

Jeder Raum darf sich präsentieren.

Blod nur, dass das natürlich Wochen nach dem Umzug passierte. Und die Möbelpacker? Waren schon gegangen. Also alles selber schleppen, jede Komponente mit locker zweistelligen Kilos am oberen Ende des unteren Viertels (jammern gehört dazu 😉 in jedem Raum schaffen, die Kette aufbauen, eine Playlist auswählen, das System warm spielen und dann: Hinsetzen und Ohren spitzen. Resultat?

  1. Vorderer Raum
  2. Rückwärtiger Raum
  3. Dachoase

Glück hat, wer die Liste von unten nach oben abgearbeitet hat. Denn: Sie Software hatte fast recht! Die Ohren aber auch, nur anders fast. Damit ist klar, dass zweierlei passiert:

  1. Den ganzen Kram wieder in den vorderen Raum schaffen
  2. Den ganzen Kram dieses Mal ordentlich aufbauen, mit Rack, mit Absorbern, mit Voodoo-Helfern gerne auch
  3. Den ganzen Kram neu starten und schauen, wie der das Thema Genuss im Volltuning gestaltet.

Und dann ist’s passiert…

Was soll ich sagen? Es funzt. Das hat doch mal was für sich. Und das ganz besonders, weil die neue Hörsituation etwas bietet, was in der alten immer wieder für Misstöne sorgte: ausgewogene Bass-Darstellung ohne die Notwendigkeit großer technischer Eingriffe. Und ohne zwangsweise mit 90+ dB beschallt werden zu müssen.

Eine Frage ist allerdings noch offen: Warum weicht das Ohrentest-Ergebnis von dem Software-Rechne-Ergebnis ab? Die Software trifft Aussagen über die Bassdarstellung, die tatsächlich im rückwärtigen Raum noch etwas besser – sprich voller und satter – ist als im vorderen Raum.

Musik besteht in der Regel aber auch zusätzlichen Frequenzen, die sich im vorderen Raum vielfältiger und ausgewogener darstellen. Auch das Zusammenspiel von Bass zu Rest passt besser und mache mehr Spass. Also:

Belohnung. Endlich.

Einschalten, hinsetzen und genießen, vom Filigran-Detail aus den oberen Zehntausend bis zur Bauchmassage aus der Druckkammer des Hornresonators.

Das ist doch Hertz-lich schön, gell?

Abbildungen: HRM

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