Klassiker mit Flurfunk: Koss Porta Pro Wireless



hrm_logo_15x50Der Koss Porta Pro ist eine Ikone. Vorgestellt mit dem ersten Sony Walkman in den 1980-ern gilt er seit dem als einer der besten faltbaren Minikopfhörer und Enthusiasten auch als einer der besten Kopfhörer überhaupt. Jetzt – gut 30 Jahre nach seiner Premiere – hat Koss den Porta Pro ins 21. Jahrhunder gebeamt – als Koss Porta Pro Wireless mit Bluetooth.

Lieferumfang

Der Koss Porta Pro Wireless kommt in einer soliden Schachtel und in dieser ist er in einem zylindrischen Case verpackt. Ebenfalls zum Lieferumfang gehört ein USB-Kabel mit USB-A Stecker auf der einen und USB-Micro Stecker auf der anderen Seite. Das Kabel ist natürlich – König Blauzahn lässt grüßen – blau. Eine Mini-Anleitung komplettiert das Waren-Angebot. Braucht es mehr? Eigentlich nicht.

Aussehen und Qualität

Koss war pfiffig: Im Kern nämlich ist der Porta Pro BT weiterhin ein Porta Pro. Kopfbügel, Halterungen mit Weitenverstellung, Lautsprechergehäuse in etwas tieferem Blau, Schaumstoffpolster – alles ist praktisch so wie vor 30 Jahren. Wäre da nicht das Kabel, das knappe 35 cm lang von links nach rechts schwingt, ohne 3,5 mm Stereo-Klinkenstecker am Ende, sondern mit zwei Kästchen links und rechts im Kabel. Weil?

Das Kästchen auf der linken Kopfhörerseite enthält die Akkus, das rechte Kästchen beherbergt den USB-Micro Anschluss, die Elektronik und die Steuerungselemente. Derer gibt es drei – plus zwei Boni:

  • Unten eine Taste zur Reduktion der Lautstärke
  • Mittig eine Taste für Start und Stop
  • Oben eine Taste zur Erhöhung der Lautstärke
  • Gegenüber der oberen Taste ist im Gehäuse ein Mikrofon verbaut – der Koss Porta Pro Wireless ist tatsächlich ein Headset!
  • Unterhalb der unteren Taste ist eine LED integriert, die rot oder blau leuchten kann und so verschiedene Betriebsmodi anzeigt

Damit verfügt der Koss Porta Pro Wireless über die minimale Grundausstattung.

Inbetriebnahme und Komfort

Bevor der Porta Pro Wireless einen ersten Ton von sich gibt, muss er gefüttert werden, und zwar mit Strom. Leider mounted er am Computer nicht als Soundkarte, wenn er geladen wird, so dass er tatsächlich nur verwendet werden kann, wenn er sich kabellos im Bluetooth-Modus befindet.

Das erste Laden dauert keine zwei Stunden, und mit der vollen Ladung soll der leichtgewichtige Klangbegleiter bis zu 12 Stunden durchhalten. Nun gilt es, den Funk-befeuerten Klangvermittler mit einem Endgerät zu pairen. Ich wähle ein iPhone, das mit WAV-Files in CD-Qualität befüllt ist. Der Kopplungs-Vorgang ist narrensicher:

  1. Koss Porta Pro Wireless durch langes Drücken der mittleren Taste einschalten – er meldet Power On und springt automatisch in den Pairing-Modus
  2. Bluetooth-Menü am iPhone öffnen
  3. In der Liste den Porta Pro Wireless auswählen
  4. Warten, bis das Pairing abgeschlossen ist
  5. Audio-Player öffnen, Musik auswählen, Play klicken und…

Fertig! Schade ist allerdings, dass der Porta Pro Wireless exakt ein Endgerät akzeptiert. Ihn mit iPhone und iPad oder Mac parallel zu koppeln fällt damit leider aus. Wer das Endgerät wechseln möchte, muss den Kopfhörer mit diesem neu pairen. Und zwar bei jedem Wechsel.

 

Leicht, bequem und trotzdem mit druckvollem Spiel präsent: der Koss Porta Pro Wireless  

Leicht, bequem und trotzdem mit druckvollem Spiel präsent: der Koss Porta Pro Wireless

Der Koss Porta Pro Wireless sitzt auf dem Kopf genau so luftig wie sein verkabelter Bruder. Einzig die kleinen Kästchen am Kabel zwischen links und rechts erhöhen leicht den Zug nach unten. Und klopfen auf Hemdkragen, wenn sie vorne baumeln. Hinter den Nacken gelegt, sind sie lediglich anwesend, ohne nach Aufmerksamkeit zu heischen. So soll das sein.

Wiedergabe und Klang

Schaut man ihn sich so an, sollte der Koss Porta Pro Wireless nicht wesentlich anders klingen als sein verkabelter Senior. Zumindest in der Theorie. Allerdings kommt Bluetooth immer mit einem DSP im Gepäck, und so ein digitaler Sound-Prozessor will programmiert sein. Was den Klang massiv verändern kann. Na gut. Drücken wir halt Play.

Apple-Jünger werden aber eine skeptische Augenbraue hochziehen, wenn sie sehen, dass der Kopfhörer nur das Bluetooth-Protokoll aptX unterstützt, das zwar alle Macs verwenden, aber nicht die mobilen Endgeräte. Die setzen das leistungsfähige AAC ein – Koss tut das nicht. Trotzdem muss das kein Manko sein. Also her mit den ersten Klängen:

Was soll ich sagen? Brahms Requiem in der Aufnahme des LSO unter Valeri Gergiev klingt nicht anders als mit dem klassisch verkabelten Porta Pro. Der Chor ist transparent, die Streicher sind klar gegliedert, die Pauken schlagen zurückhaltend im Hintergrund… – das wirkt korrekt und ordentlich.

Als Kontrastprogramm darf Joe Satriani Thunder High On The Mountain vom jüngsten Album What Happens Next intonieren. Autsch! Die Lautsprecher prügeln die Bassdrum zum Trommelfell-Erweichen in die Ohren. Das ist arg laut – und lauter als beim Kabel-Kamerad, der vorher den Brahms mit gefühlt identischer Phonzahl rezitieren durfte. Rock ist also eine andere Nummer.

Und Tim Garland? Seine Jazz-Preziosen mit Klassikensemble strotzen vor Dynamik und Klangspektakel. Auch Rugged Land vom Album Wether Walker macht da keine Ausnahme – und der steckerfreie Koss haut das Stück mit Verve in die Ohrmuscheln. Langsam allerdings schleicht sich der Verdacht ein, dass die Wireless-Variante doch eine Spur anders klingt – nämlich fetter. An Detail indes mangelt es nicht, auch Durchörbarkeit, Präzision und Authentizität wirken im Gesamtklang prima.

Doch wir waren bei „fetter“. Was meinen Toto dazu, deren Titel Alone vom Album 40 Times Around The World den Testrahmen bilden soll. Die Antwort: Rockt! Definitv dicker als die Elektrostaten, und einen Hauch satter als die Koss Porta Pro in der klassischen Verkabelung.

Ein Benchmark, wenn es um Basswiedergabe geht, ist für mich Undersea von Skunk Anansie. Nicht, weil es so gewaltig in die Tiefe geht (was es in den Slides und Obertönen trotzdem ausreichend tut), sondern weil der Bass bei aller Sattheit exzellent knurrt. Die Kombination ist für manches Akustikgerät eine echte Herausforderung – die Koss Porta Pro Wireless liefern es mit Spaßfaktor ab. Der Gesang von Skin ist trotzdem sehr intensiv und hell, ohne giftige Spitzen abzusondern.

Noch ein bisschen Detail gefällig? Twenty Five Thousand Days, das Ian Thomas mit den Tschechischen Philharmonikern auf dem Album A Life In Song verewigt hat, ist sicher geeignet. Streicher, Bläser, Harfe, Tamtam, Xylophon, alles ist fein verwoben und trotzdem gut ausdifferenziert. Der Gesang ist intim, allerdings: Der Kontrabass übertüncht alles eine Spur zu watteweich. Das ist momenteweise grenzwertig, weil es die Transparenz und Offenheit der Einspielung wahrnehmbar reduziert. Wobei wir hier über Kopfhörer für deutlich unter als 200 Euro reden…

Noch ein letzter Test mit Brooke Sharkey, deren Your Tomorrow vom Album Wandering Heart fantastische Details im Gesang bietet, begleitet von vielfältiges akustischen Instrumenten, die sehr clever verwoben arrangiert sind. Die Details sind da, aber auch hier schippt der Kontrabass reichlich Frequenzen in die Luft – im Vergleich zum verkabelten Porta Pro ist der Klang eindeutig weniger fein und luftig.

 

Sehr gut mit Luft nach oben: Koss könnte dem Porta Pro Wireless noch AAC und deutsche Ansagen spendieren 

Sehr gut mit Luft nach oben: Koss könnte dem Porta Pro Wireless noch AAC und deutsche Ansagen spendieren

Kritik jenseits von Klang

Eigentlich gibt es bei Koss Porta Pro Wireless nicht viel zu meckern. Seine Kernkompetenz – authentischer Klang bei wenig Gewicht und hohem Komfort – hat der Klassiker auch in der Bluetooth-Version weitgehend beibehalten. Nur die Bassleistung ist – dem Zeitgeist geschuldet? – dicker geworden. Nicht dramatisch, aber wahrnehmbar.

Ein paar Dinge fallen dann aber doch auf, und zwar jenseits von Klang und Tragekomfort:

  • Das Kästchen-Konzept ist im Prinzip gut, aber dass die Box für die Batterie so groß ausfällt und damit die Symmetrie leidet, ist nicht so schön. Ok, kosmetisches Problem. Doch dann:
  • Dass die Tasten für die Lautstärke bei längerem oder doppelten Drücken nicht einen Titel vor- oder zurückspringen, ist nicht zeitgemäß. Bei vielen Herstellern ist die Funktion seit vielen Jahren Standard. Da hat Koss gepatzt.
  • Und gepatzt haben die US-Amerikaner auch bei den Ansagen: Der Kopfhörer meldet sich zu Betriebszuständen ausschließlich auf Englisch. Auch hier sind andere Hersteller seit Jahren weiter und eine Hand voll Sprachdateien nebst Auswahl-Option zu implementieren, sollte kein nennenswertes Problem darstellen – wenn man denn will. Koss will offenbar nicht.
  • Je nach Sichtweise ist der Koss Porta Pro Wireless ist ein treuer Kamerad oder er leidet an technischer Amnesie. Der Grund: Er pairt sich nur mit einem Endgerät. Als ich ihn mit dem Mac pairte, vergaß er seinen ersten Partner, das iPhone. Auch das ist nicht zeitgemäß.
  • Diskussionen auslösen wird zudem der Preis – er ist verglichen mit dem klassische Porta Pro üppig. Gemessen an dem, was der entfesselte Porta Pro klanglich bietet, ist es dagegen in Ordnung. Und um gleich die Diskussion um US-Preise zu bremsen – die sind immer netto angegeben, weil die verschiedenen US-Staaten unterschiedlich hohe Mehrwertsteuer-Sätze haben. Oder keine, wie Texas.

Fazit

Mit dem Koss Porta Pro Wireless ist Koss weitgehend gelungen, was sich die Kopfhörer-Könner vorgenommen hatten: Den Klassiker Koss Porta Pro mit Bluetooth zu bestücken, ohne seine Qualitäten in Klang und Komfort zu beeinträchtigen. Wenn ich weitgehend schreibe, dann weil der Porta Pro Wireless fraglos fetter und weniger luftig klingt als sein Kabelbruder. Detail und Dynamik kann er trotzdem bewährt gut und somit stellt sich die Frage, wie er in Summe zu beurteilen ist?

Als Kopfhörer ist der Koss Porta Pro Wireless eine gute Wahl, denn er kann viel, liefert satt und druckvoll ab, befreit von Kabeln, trägt sich hervorragend und ist netter Weise bei Bedarf ein Headset.

Wer viel Rock hört, druckvollen Bass liebt und mit Wonne den Lautstärke-Regler aufdreht, wird mit dem Porte Pro Wireless viel Freude haben. Auch wer etwas volleren runden Klang schätzt, kann getrost zu dem Bluetooth-Bruder des mobilen Kopfhörer-Klassikers greifen. Wer allerdings die offen-luftige Charakteristik des Alterpräsidenten schätzt, sollte zumindest ein Testohr in die Gehäuse halten – anderenfalls ist die Überraschung ob der Modifikationen vielleicht zu groß.


Produkt-Daten

Produkt: Kopfhörer
Hersteller: Koss
Modell: Porta Pro Wireless
Tragestil: Überkopfbügel
Frequenzgang: 15- 25.000 Hz
Max. Schalldruck: 111 dB
Bluetooth-Version: 4.1 mit apt-X
Gewicht: 89 Gramm
Lieferumfang: Kopfhörer, Case, USB-Ladekabel, Anleitung
Besonderheit: Leichtgewicht, Klangriese, Bluetooth
Preis: 155,00 Euro
Anbieter-Website: S.M.G Sound Magic

Abbildungen: Koss

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