Kabellos glücklich? Bowers & Wlkins P7 Wireless
Am Kopfhörerausgang des iPhone schon gut, aber über Bluetooth, das ist die Wucht. Mit diesen Worten schickte mich die PR-Agentur von Bowers & Wilkins in den Test der neuen Bowers & Wilkins P7 Wireless, dem Nachfolger des von uns bereits getesteten Bowers & Wilkins P7. Den hat B&W jetzt überarbeitet, mit neuem Chassis versehen und der Bluetooth-Technologie des P5 an Bord. Macht ihn das besser oder nur anders?
Bluetooth aptX
Für die Neuauflage des P7 hat Bowers & Wilkins den Bluetooth aptX-Codec lizenziert, denn der liefert maximale Bandbreite mit dem Bluetooth-Standard 4.1. Das ist für manchen Nutzer die erste Hürde – erst ab dem iPhone 6 und iOS 8 gibt es aptX-Unterstützung auch bei den mobilen i-Devices. Apple Computer haben den Codec dagegen schon eine Weile mit an Bord.
Lieferumfang
Auszupacken gibt es nicht viel beim P7 BT: Ein Paar Kopfhörer, ein USB,Kabel, ein Kopfhörerkabel, einen Quickstart-Guide wegen der Neuerungen zum Thema Funk und eine Transporttasche. Das war’s. Was fehlt ist ein Adapter von 3,5 auf 6,25 mm Stereoklinke – den hatte der P7 noch dabei. Vielleicht denken die Recken in UK, dass die BW P7 BT eh nur vom Kopf auf den Nachttisch und wieder zurück wandern, während sie funkentfesselt in Full-time für Ohrenglück sorgen.
Anschlüsse
Der P7 Wireless hat zwei Hardware-Anschlüsse: unter dem linken Ohrpolster die 3,5 mm Buchse für das Kopfhörerkabel und im Rahmen des rechten Kopfhörers die Micro-USB Buchse für das Ladekabel. Dazu kommt die Luftschnittstelle Bluetooth-Funk mit einem insgesamt sieben Profilen und drei Codes.
Akkulaufzeit
Für die kabelfreie Klangberieselung hat Bowers & Wilkins einen Lithium-Ionen Akku mit 370 mAh verbaut, der für bis zu 17 Stunden Musikgenuss Strom liefern soll. Das kommt ungefähr hin. In unserem Test musste das erste Mal nach rund 16 Stunden nachgeladen werden, wobei der Kopfhörer in einem Teil des Tests einiges an Pegel zu entwickeln hatte, da sich solches negativ auf die Akkulaufzeit auswirken kann.
Verarbeitung
Wie schon der P7 ist der P7 Wireless ausgezeichnet verarbeitet: Weiches Schafleder mit dicken Polstern hinterlegt. Filigran gebogene und polierte Halterungen der Ohrmuscheln. Ebenso sorgfältig gearbeitete Klappgelenke. Ein hochglanzpoliertes Abdeckgitter auf den Lautsprechern, selbst die Schilder für die technischen Informationen sind präzise gedruckt und penibel ausgebracht. Also ein durchgängig exzellenter Auftritt in Optik, Haptik und Güte.
Bedienung
Der Bowers & Wilkins P7 Wireless hat am rechten Kopfhörer vier Bedienelemente, die filigran in den Ring zwischen Chassisträger und Ohrpolster eingelassen sind. Zum einen ist das unterwärts der Ein-/Ausschalter, der zugleich für das Pairing nötig ist. Und rückseitig sind es drei übereinander angeordnete Tasten für – von oben – lauter, Start/Stop und leiser.
Ist der kabellose P7 ausgepackt, muss er erst einmal geladen werden. Anschließend ist er ready for pairing. Das Pairing ist einfach: Den Ein-/Ausschalter lange nach vorn schieben, bis die blaue LED gleich nebenan zu blinken beginnt. Dann auf dem Endgerät der Wahl in den Bluetooth-Einstellungen nach dem P7 suchen und ihn auswählen. Da die meisten Geräte A2DP unterstützen, sind Zifferneingaben wie 0000 nicht mehr nötig und die beiden Geräte verbinden sich automatisch.
Klang 1: i-Devices und ALAC-Files
Testen wir also los: iPhone 4 S per Kabel mit dem P7-Pärchen koppeln, iTunes mit ALAC-Files starten und Play drücken. Ganz ok, stimmt. Mehr aber auch nicht. Nun ist das iPhone natürlich ein kleines Akustik-Miststück, denn sein DAC ist nicht die Krönung wohligen Glücks. Also zu Bluetooth wechseln:
Dass bei BT der Kopfhörer übernimmt und den Sound bearbeitet, ist ausgemachte Sache. Dabei lässt sich fleißig am pimpen, so dass dieses Test-Verfahren eher zeigt, was sich die Ingenieure algorithmisch so gedacht haben. Was die Kopfhörer-Basis kann, bleibt für’s erste noch verborgen.
Der Klang über Bluetooth ist um Welten besser, in der Tat. Dem iPhone 4S fehlt allerdings aptX – wie allen mobilen iDevices von Apple. Die nämlich verwenden Apples eigenes Format AAC, das der kabelfreie P7 aber auch beherrscht. Für aptX mit Apple ist ein iMac oder MacBook nötig.
Klang 2: Kabel und High-Res Files
Denn es geht ja auch mit Kabel. Also Kabel wieder montiert (was übrigens automatisch den BT-Mode beendet) und mit dem Kopfhörerausgang des Verstärkers verbunden. Der ist beim Yamaha A-S1000 bekanntlich recht ordentlich, so dass wir einen direkten Vergleich von P7 und P7 Wireless starten können. Mitspielen dürfen auch Audirvana Plus 2 und eine Reihe hochauflösender Studiofiles.
Allgemein zeigt sich: Der neue P7 ist im Bass runder und reichhaltiger. Nicht direkt fett und auch nicht verwuschelt, aber schon dicker und damit in Teilen weicher. Das zeigt sich beispielsweise bei der Bassdrum von Joe Satrianis On Peregrine Wings. Im Gegenzug ist die Gitarre nicht so scharf.
Stimmen klingen mit dem alten wie dem neuen P7 authentisch und glaubwürdig. Der Gesang des Uranienborg Vokalensembles bei Jerusalem, Jerusalem im Holistic Mix ist klar und verständlich, weit in die Kirche gestellt und räumlich überzeugend. Der neue klingt in den oberen Mitten etwas voller und liefert so mehr Brillanz, dafür lässt sein großzügig bemessener Bass die tiefen Orgeltöne den Unterbau fluten, was beeindruckend klingt, aber nicht ehrlich.
Brahms Hungarian Dance No 1 in G minor des Scottish Chamber Orchestra klang mit dem kabelgebundenen P7 munter und ausgewogen, mit dem P7 Wireless wiederum etwas zu rundlich, was ein fast schon gedrücktes Klangbild in den unteren Mitten bis zum Bass erzeugte.
Da der Kopfhörerverstärker des Yamaha aber selbst etwas warm klingt, wiederholen wir den Versuch am Kopfhörerausgang des DAC, der wesentlich zurückhaltender ist und den ich für Klassik generell bevorzuge. Resultat:
Mit dem P7 Kabelversion klingt die Brahms deutlich transparenter als vorher. Die kräftigen Bässe sind merklich zurück gegangen, was einem Klassikkonzert recht nah kommt. Mit der Abbildungsleistung eines Elektrostaten kommt er zwar nicht mit, aber trotzdem macht der Ungarische Tanz Spaß. Der Bluetooth-Nachfolger entwickelt mit Kabel in der Seite einen leichten Überhang in den Mitten und ist auch hier im Bass präsenter als sein Bruder.
Klang 3: ICE, iPhone, Bluetooth und ALAC-Files
Faltbar und mobil – da muss sich der Bowers & Wilkins P7 Wireless natürlich auch auf Reisen begeben, in diesem Fall per ICE nach Düsseldorf. Macht rund 210 Minuten Wagongeknarze, Abteilgeklapper, Flurgetrappel, nuschelige Durchsagen und Musik. Was gleich auffällt: Aufgesetzt sind die Umgebungsgeräusche schon deutlich reduziert. Die ohrumschließenden Muscheln dämpfen ordentlich, und das bahntypische Tohuwabohu ist bereits bei mittlerer Lautstärke-Einstellung praktisch ausgeblendet.
Was bleibt, sind hohe Detailschärfe und relativ natürliche Klänge. Ben William’s Toy Soldiers bekommen leicht betonte Höhen und trockene Basstrukturen. Gregory Porter freut sich bei No Love Dying über ein natürlich warmes Timbre des Gesangs, würde aber das leicht geschärfte Klavier anmerken. Und bei Harvest von The Breath erfreuen ein voller Bass und die detailscharfe Stimme, während der Stereoeffekt des pendelnden Backgroundgesangs wie verspielte Insekten im Ohr pendelt. Das macht Spaß.
Je nach Aufnahme ist der Klang naturgemäß verschieden – während die P7 Wireless insbesondere dort, wo Violinen oder Piano allein aufspielen, im Diskant etwas spitz klingen, wirken die Mitten mitunter etwas unterkühlt und der Bass trocken und ehrlich, bei rockigen YouTube Videos wie die Frankfurter Live-Aufnahme The Holy Drinker von Steven Wilson dagegen bestrickend rund und warm. Die von der Society of Sound angebotene Einspielung von Brahms Requiem durch das LSO unter Gergiev liefert dagegen ein angenehm ausgewogenes Klangbild, ist durchweg warm und authentisch, und die Stimmen sind vollkommen natürlich abgebildet.
Allerdings könnte der Mäkelanreiz auch im iPhone liegen, das per se so glänzend nicht ist. Die Aufnahmen, die im Zug in ALAC 44,1/24 abgespielt wurden, klingen über anderes Endgerät durch die Bank harmonischer, wobei der P7 Wireless nicht schlecht performte. Es geht hat nur noch besser – auch mit ihm.
Fazit
Über Kabel an einer Anlage angeschlossen liefert der Bowers & Wilkins P7 Wireless ein recht sauberes Bild der Musik, mit etwas dicken Mitten und etwas rundem Bass. Er lebt spürbar auf, wenn er über Bluetooth angesteuert wird. Das zeigt, an wen die Entwickler gedacht haben, als sie den P7 Wireless designten: an mobile Nutzer.
Besonders der Zugewinn bei iPhone & Co ist mit Bluetooth gewaltig, da haben die PR-Leute nicht gelogen. Und hier sehe ich auch den Haupteinsatz des Kopfhörers. Einen besseren Klang hat MIR bisher jedenfalls noch kein Kopfhörer von iPhone und iPad geliefert – sogar YouTube HD-Videos von Porcupine Tree oder Steven Wilson verzeichneten einen erheblichen Gewinn und nahmen regelrecht mit.
Der Bowers & Wilkins P7 Wireless ist in Summe ein toller Kopfhörer, besonders für jene, die es warm und satt im Ohr mögen. Das kommt besonders rockiger Musik zu gute, denn die präsentiert der P7 Wireless beeindruckend druckvoll, mit Punch, Vibrations und Drive.
Technische Daten
Hersteller Bowers & Wilkins
Modell P7 Wireless
Typ Over-ear Kopfhörer
Frequenzgang 10 – 20.000 Hz
Klirrfaktor < 0,3% (1 kHz, 10 mW)
Impedanz 22 Ohm (passiv)
Empfindlichkeit 111 dB/V bei 1 kHz
Gewicht 323 gr
Akku Lithium Polymer 370 mAh
BT-Profile A2DP V1.2, AVRCP V1.4, DIP, GAP, HFP v1.6, HSP v1.2,
SDAP BT-Codes AAC, aptX, SBC
Preis 399 Euro
Abbildungen: Bowers & Wilkins, HighResMac
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