Klangvariabel: Audio Selection creaktiv Sound Control Base
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Kennen Sie Audio Selection? Das Spin-off von Rack-Hersteller Creaktiv stellt unter anderem Absorber-Platten und Füße für HiFi-Geräte und Zubehör her. Zubehör? Ja, für Steckerleisten zum Beispiel. So eine Absorber-Platte für die Steckerleiste lag jüngst in meiner Post, zusammen mit ihrem größeren Bruder für den Verstärker (oder ein anderes Gerät). Endlich wieder was zum Spielen, gell?
Das Produkt
Die Audio Selection creaktiv Sound Control Base ist eigentlich eine creaktiv Sound Control Base, da Audio Section sie zwar herstellt, die Base aber unter der Marke creaktiv vertrieben wird. Daher spare ich mir im weiteren den Namensteil Audio Selection, was hoffentlich niemanden stört.
Die creaktiv Sound Control Base für Endgeräte misst in unserem Test-Fall 44 x 40 x 2 cm und wiegt 900 Gramm. Ihr Steckerleisten-Pendant kommt auf 365 Gramm bei 48 x 14 x 2 cm. Beide Basen sind in einem Karton verpackt und mit etwas Schaumstoff gegen Stöße beim Transport geschützt.
Die kleinere Basis für die Steckerleisten kommt solo, bei der größeren der Platten gehören noch fünf Moosgummi-Aufkleber zum Lieferumfang, mit denen die Basis Abstand zum Rack halten kann und durch den zusätzlichen Aufkleber für die Mitte der Base besser aufliegen soll.
Beide Basen sind nahtlos antharzit grau foliert, was im Prospekt-Sprech als schwarz gilt. Alternativ sind sie auch in Holzfinish erhältlich. Auf den einander gegenüber liegenden Längsseiten hat jede Base einen Aufkleber des Herstellers und einen mit Hinweis auf die eingesetzte ci2p-Technologie. Wobei es sinnvoll ist auf die Position der Aufkleber zu achten:
Die Sticker sind auf der einen Seite rechts, auf der anderen links angebracht – aus gutem Grund. Denn ist der Sticker links, soll der Gesamtklang heller sein, ist der Sticker rechts, soll er etwas dunkler werden. Hierdurch können Klangverfärbungen ausgeglichen werden – oder eigene Präferenzen forciert. Hören wir doch gleich mal rein:
Anwendung
Der gut 22 Kilogramm schwere Yamaha A-S1000 Amp steht aktuell auf in-akustik Reference High-Tech Gel Absorbern, die in einer 103 Seiten starken wissenschaftlichen Untersuchung zu Entkopplungs-Verfahren von Studio-Lautsprechern und die Folgen für Wiedergabe-Qualität mit der Silber-Medaille recht gut abgeschnitten haben.
Jetzt also die creaktiv Sound Control Base. Verstärker anheben, aktuelle Entkoppler entfernen, Base unterschieben, abstellen, fertig. Der Effekt?
Wirkung Label links
Das Label links soll die hellere Wiedergabe-Option darstellen. Das wird insofern spannend, als mein Hörraum ehedem schon etwas spitz sein kann. Und bei hoher Lautstärke auch definitiv ist. Daher scheint die Chance zu mehr Brillanz eher wie eine Drohung. Aber was soll’s…
Die Überraschung folgt stehenden Fußes: Es ist nicht schrill, nicht mal grell. Es ist ausgewogen, mit einem Zugewinn an Bass und Mitten bei leicht gebändigtem Diskant. Und mit deutlich mehr Power, Druck und einem leichten Plus an Lautstärke. Ohne dass an den Reglern gedreht wurde.
Dazu erfreut sich das Klangbild eines nachjustierten Fokus, einer schöneren Ordnung und einer waagerechten Bühne ohne Treppchen, Kuhlen oder Ausbuchtungen, die andere Konfigurationen durchaus mal in die Wiedergabe mogeln.
Ebenfalls dazu gewinnt die Detailschärfe, beispielsweise bei Abet Abet (Punt Mix) von Samuel Yirgas Album Guzo. Der Shaker, der im Hintegrund vor sich hin wuschelt, tut dieses nun mit klar artikulierten Attacks – und die sind geschwind.
Das hinlänglich bekannte You And Your Friend von Dire Straits wartet erfreulich ausgewogen, klar strukturiert und mit mehr Bass auf. Letzteres ist noch deutlicher bei Brooke Sharkeys‘ Your Tomorrow vom Album Wandering Heart zu hören, denn dieses ist ein Kontrabass. Und es ist ein Kontrabass, und zwar einer, der links neben der rechten Box steht, keine drei Meter von mir.
Living Colour hauen ihren Black Out von jünsten Longplayer Shade mit Nachdruck und ohne Nervdruck in den Äther.
Der Tiefbass am Schluss von Peter Gabriels Mercy Streets kommt auch sehr klar wie dezent zur Geltung.
Und wo wir gerade bei Bass sind, der E-Bass in Joe Satrianis Goodbye Supernova knurrt so überzeugend, dass für ihn ein Käfig angebracht scheint.
Klingen die Jazzer auch so bestrickend?
Thelonius Monk intoniert Epistrophy vom Album Thelonius Monk With John Coltrane sehr klar und aufgeräumt, mit schön sortierter Band, einer sich knackig äußernden Bassdrum und einem Tenor-Saxophon, das leicht links der Mitte so direkt wie in einem Jazz-Club aufspielt. Das ist Coltrane zum Anfassen.
Thomas Siffling als Vertreter der Moderne (und der modernen Aufnahme-Verfahren) liefert mit Move vom aktuellen Album Flow eine ebenso überzeugende Vorstellung, wobei der Hall der Aufnahme jetzt eine gewaltige Hülle aufspannt, die eindeutig die tatsächlichen Raumdimensionen überschreitet. Und in allem ist immer ein Plus an Druck, Klarheit, Fokus und damit in Summe Genuss.
Fehlt noch die Klassik-Fraktion. Jerusalem Jerusalem nebst Intro vom Album Himmelrand (holistic mix) des Uranienborg Vokalensemble mit Inger-Lise Ulsrud und Elisabeth Holte darf zuerst: Gewaltige Orgel zusammen mit Chor. Unmittelbar fällt auf, dass die Tiefen der Orgel besser ausdifferenziert sind, ohne an Druck einzubüßen. Die Schärfe der Stimmen in den Zischlauten ist zurück genommen und der Gesamtklang wirkt homogener, natürlicher und integrierter.
Zum Vergleich darf das London Symphony Orchestra mit dem London Symphony Choir unter Valery Gergiev den zweiten Satz aus seiner Brahms-Aufnahme German Requiem anstimmen. Auch hier: Natürliche Zischlaute statt spitzem Ohrgezerre, eine weit aufgefächerte Bühne, fein differenzierte Instrumentierung und ein in Summe sehr harmonisches Klangbild.
Es scheint, als halte die creaktiv Sound Control Base ihr Versprechen, den Klang zu kontrollieren. Nur gibt es da ja noch die dunkle Seite (klanglich gesehen). Säuft mit ihr alles ab?
Wirkung Label rechts
Ist das Label rechts, wird die Klangcharakteristik dunkler, ließ mich Audio Selection im Vorfeld wissen. Nun ist es so weit: Verstärker angehoben, Platte heraus gezogen, auf den Kopf gestellt, Moosgummi-Puffer umgeklebt, wieder auf die Basis des Racks gelegt, Verstärker abgesetzt. Und Play gedrückt.
Um es kurz zu machen: Das Drama spielt sich in Details ab. Also ist es gar kein Drama, sondern eine Modifikation. Und zwar ist der Bereich der mittleren Tiefen bis zu den tiefen Mitten leicht angehoben. Das macht den Klang wärmer, ohne ihm Präzision zu nehmen. Denn die Detail-Schärfe ist weiterhin gegeben, ebenso wie die prima Bühne, die wohlsortierte Orchestrierung, der Zugewinn an Ausgewogenheit – eben das ganze Paket, dass bereits die klanglich hellere Seite zum Vorschein brachte.
Allerdings ist auch eine Spur Vorsicht geboten: Aufnahmen, die von sich aus mit weniger Brillanz aufspielen, büßen unter Umständen Klangfülle ein. Das gilt eindeutig für typische End-60-er bis Mitt-70-er Einspielungen von Rock-Granden wie Deep Purple, Led Zeppelin, The Doors oder auch Pink Floyd, die im Vergleich zu heutigen Einspielungen oft bedämpft wirken.
Natürlich gibt es die alten Einspielungen inzwischen oft auch neu abgemischt – verlässliche Abhilfe schafft das aber nicht. Die Deluxe Edition des Deep Purple Albums Made in Japan beweist es mit ihren Original- und Remastered-Varianten. Remastered meint nämlich häufig nur diskantlastiger und mit weniger Feingefühl gemischt, weil es dann besser zu Smartphones mit Bass-Booster-Beats auf den Ohren passt. Das hat mit Musik nur bedingt zu tun.
Und der Worst Case?
Natürlich muss noch das voodoo-technisch unbeleckte Ohr probehören. Das tut es, und kommentiert prompt: „Es klingt integrierter und melodischer und irgendwie dreidimensionaler“, befinden die jungen Ohren. Was uns ermuntert, die creaktiv Sound Control Base eine Etage durch das Haus zu tragen, um sie im Test-Segment Worst Case zu fordern:
Ein einfacher Yamaha A-S301 mit zwei kleinen Hans Deutsch HD 304 der ersten Serie gemeinsam auf einem Sideboard mit durchgehender Holzplatte residierend – die Lautsprecher flüstern also akustisch wie mechanisch in den Verstärker. Und wenn die creaktiv Sound Control Base mitspielen darf?
Dann kehrt Ruhe ein. Natürlich nicht im Sinne behäbiger Beschaulichkeit, sondern im Sinne aufgeräumter, präzisierter und fülligerer Akustik. Zwar sind die erzielten Bassvolumina bei den kleinen Ragelboxen nicht so üppig wie bei den Standboxen, die harmonische und harmonisierte Grundstimmung ist aber von gleicher Qualität. Die die mechanischen Bosheiten der Aufstellung bringt die Sound Control Base eindeutig unter Kontrolle.
Allerdings sind die jungen Ohren nicht zufrieden. „Es fehlt Biss und es ist zu sauber“, lautet der Kommentar, der den Rückbau einfordert. Das ist ok, denn jeder hat einen eigenen Geschmack und sich vielleicht auch einfach an ein bestimmtes Klangbild gewöhnt. Mein Fall wäre es jedenfalls nicht, so körpergestrippt und angeraut.
Fazit
Die creaktiv Sound Control Base Made by Audio Selection ist beeindruckend. Ob links oder rechts gedreht, erweitert und beruhigt sie das Klangspektrum gleichermaßen. Sie schenkt der Musik ein Plus an Wärme und Körper, liefert einen schnurgeraden Horizont, eine differenzierte Bühne, bietet mehr Räumlichkeit und Transparenz, ein Plus in der Feinheit des Klangbilds und etwas mehr Lautstärke, ohne dass am Poti gedreht wird.
Dieser Effekt ist bei Zimmerlautstärke mit rund 60 dB vor allem als Zugewinn an Wärme und Klarheit zu hören, bei massiver Lautstärke mit 100 dB und in den Spitzen noch etwas mehr trägt die Klang kontrollierende Platte noch wesentlich deutlicher zum freudigen Musikerlebnis bei, da sie fiese Attacken auf die akustische Harmonie wirkungsvoll unterbindet.
Besonders leicht auszumachen war der Effekt bei dem kritikwürdigen Ansammlung der Junior-Anlage mit Verstärker und Boxen gemeinsam auf einem Sideboard. Das offenkundige Störfeuer der Lautsprecher fing die creaktiv Sound Control Base ebenso sicher ab, wie sie der Musik in jeder Hinsicht akustischen Zugewinn bescherte. Und Geschmack der Junioren hin oder her:
Ein Geräte-Upadate für 200 Euro hat gewiss nicht halb so viel Erfolg.
Abbildungen: HighResMac/Tom Semmler
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