Der Bass-Sauger: Günter Nubert über das Double Bass Array
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Raummoden sind dem Musikfreund ein Graus: Entweder sorgen sie dafür, dass der Bass überbetont wird, oder sie löschen ihn aus. Hilfreich ist beides nicht. Beenden lässt sich das Spektakel mit Lärmdämm-Maßnahmen, Basstraps oder etwas clevere Technik: Dem Double Bass Array, kurz DBA.
Vor allem bei Heimkino-Freunden ist so ein DBA beliebt, es ist aber durchaus auch für Klangliebhaber eine Option. Wie es funktioniert und wie es sich mit der bereits vorhandenen Anlage arrangieren lässt, haben wir Boxen-Bauer Günther Nubert gefragt.
HighResMac: Herr Nubert, auf Ihrem Nubert Blog und in einem Whitepaper zur Kompensation von Raummoden finden sich Tipps zum Double Bass Array. Meist liest man beim Thema DBA von Heimkino und Subwoofern. Ist das tatsächlich die häufigere Anwendung – und falls ja, warum?
Günther Nubert: Ja, es sind vor allem Heimcineasten, die sich für dieses Thema interessieren. Bei der Filmwiedergabe ist eine tiefe, präzise und störungsfreie Basswiedergabe besonders gefragt. Wir bemühen uns aber bereits seit vielen Jahren, Musikfans dafür zu sensibilisieren, dass auch sie vom Double Bass Array profitieren können.
HighResMac: Im HiFi- und High-End Bereich haben wir es in der Regel mit Stereo zu tun, und mit Lautsprechern ohne Subwoofer. Wie gehe ich hier vor? Identische Lautsprecher auf die Rückseite des Raums und Hoch- und Mitteltöner abklemmen? Oder lassen sich auch hier Subwoofer verwenden?
Günther Nubert: Es ist freilich möglich, den beiden Hauptlautsprechern zwei identische Exemplare gegenüberzustellen und diese entsprechend abzustimmen – aber das wäre Verschwendung. Subwoofer mit vergleichbaren Leistungsdaten erfüllen diese Aufgabe ebenso gut, zu einem typischerweise wesentlich geringeren Preis.
HighResMac: Die meisten Erläuterungen zu einem DBA stellen Subwoofer direkt an die Wände der jeweiligen Seiten einander gegenüber. Bei Stereo haben wir aber das Stereo-Dreieck mit frei stehenden Lautsprechern. Muss man in diesem Kontext ein DBA als separate Einheit denken? Oder ist die Position der Hauptlautsprecher bei Stereo nicht relevant und nur die gegenphasig laufenden Lautsprecher stehen an der gegenüberliegenden Wand?
Günther Nubert: Hier muss man ein wenig weiter ausholen und das Konzept ausführen. Prinzipiell eignen sich vier separate Subwoofer am besten für ein DBA. Durch den Einsatz eines DBA entsteht zwangsläufig ein Versatz, der den Bass im Vergleich zur Musikwiedergabe höherer Frequenzen nachhinken ließe. Dadurch entstehen nicht nur rein räumlich, sondern auch akustisch zwei separate Einheiten. Allerdings kann man hier durch eine Verzögerung der Hauptlautsprecher um die Signallaufzeit wieder akustisch eine Einheit erzeugen. Das ist zum Beispiel problemlos mit unserem Klangmanager nuControl möglich.
HighResMac: Wie wesentlich ist bei der Konzeption eines DBA, dass die Leistung der rückwärtigen Tieftöner identisch ist mit der der vorderen Boxen? Oder ist es wichtiger, dass die Frequenzgänge einander möglichst gleichen?
Günther Nubert: Die technischen Daten müssen nicht identisch sein, aber vergleichbar. Ein leistungsschwacher Drei-Zoll-Woofer mit welligem Frequenzgang – Modell „Computer-Tröte“ – kann bei höheren Pegeln unmöglich die Basswiedergabe eines kräftigen, sauber abgestimmten Standlautsprechers mit dreifacher Membranfläche abfangen. Bei unseren Lautsprechern würde ich empfehlen, Stand- oder Kompaktlautsprechern Subwoofer derselben Serie mit vergleichbaren Basschassis zu verwenden. Je mehr sich die Wiedergabecharakteristika ähneln, desto besser!
HighResMac: Viele Lautsprecher-Boxen setzen inzwischen auf zwei oder mehr kleinere Bass-Mitteltöner. Wie sollte dann ein Subwoofer bemessen sein? Analog zur maximalen Leistung der Boxen? Analog zum Hub der Lautsprecher-Gruppen? Analog zur Membranfläche der Haupt-Lautsprecher? Analog zum Volumen der primären Boxen?
Günther Nubert: Auch hier gilt: Je mehr sich das Klangbild gleicht, desto besser! Zunächst sollte die maximale Leistung vergleichbar sein. Beide Seiten des Ensembles sollten in etwa den gleichen Schalldruckpegel erzeugen – ob sie das eher über Hub oder über Membranfläche tun, ist unerheblich. Auch der Frequenzgang und das Timing sollten sich möglichst entsprechen.
HighResMac: Eigentlich geht es bei einem Double Bass Array ja nur darum, die Schallwellen von der Rückseite des Raums invertiert den Primärlautsprechern entgegen zu schicken. Reicht dafür nicht auch ein einzelner Subwoofer?
Günther Nubert: Rein theoretisch besteht diese Möglichkeit, wenn dieser eine Subwoofer in allen Belangen exakt gegenläufig zu den beiden an der Frontseite arbeitet. In der Praxis dürfte so etwas aber schwierig zu erreichen sein, zumal sich bei zwei Subwoofern der Schall gleichmäßiger verteilt.
Stellen Sie es sich so vor: Sie sitzen an einem Teich und werfen einen Stein hinein. Auf der anderen Seite sitzt Ihr Bekannter, der auch einen Stein wirft. Tut er das im richtigen Moment, so löschen sich die entstehenden Wellen in der Mitte gegenseitig aus. Wenn Sie aber zwei Steine Werfen, so reicht es nicht mehr, wenn ihr Bekannter einen Stein wirft, sondern er muss ebenfalls zwei verwenden, damit die Wellen wieder ausgelöscht werden. Daher sind zwei rückwärtige Schallquellen bei zwei in der Front sinnvoll.
HighResMac: Wie organisiere ich eigentlich die Verstärkung für die rückwärtigen Lautsprecher? Gibt es Frequenzweichen oder Gates, die ohne Leistungsverluste eine Verzögerung durchreichen? Oder brauchen die rückwärtigen Lautsprecher eine eigene Verstärkung?
Günther Nubert: Ich würde für die rückwärtigen Lautsprecher einen eigenen Verstärkerzweig empfehlen. Bei Aktiv-Subwoofern ist das ohnehin gegeben.
HighResMac: Mein Verstärker hat noch ein Problem: Seine beiden Ausgänge sind synchron geschaltet. Wie erreiche ist die notwendige Verzögerung überhaupt, diese entscheidenden Millisekunden?
Günther Nubert: Entweder durch einen geeigneten DSP-Vorverstärker, etwa unseren nuControl, dessen zwei Subwoofer-Ausgänge sich entsprechend timen lassen. Oder über einen Subwoofer, der eine solche Funktion eingebaut hat. Wir hatten mit dem nuLine AW-1300 DSP und dem nuVero AW-13 DSP zwei geeignete Modelle im Angebot, die wir leider inzwischen mangels Nachfrage nicht mehr führen. Nicht vergessen: Neben der Verzögerung ist eine Invertierung des Signals notwendig.
HighResMac: Die folgende Frage ist sicher naiv, aber es reizt doch – ließe sich die nötige Verzögerung auch mit entsprechenden Metern Lautsprecherkabel erreichen? Denn die Verzögerung ist ja doch in aller Regel sehr kurz. Oder endet das bei einer Signal-Laufzeit von 5 ns/m trotzdem in Kilometern aus Kupfer?
Günther Nubert: Als grobe Näherung nehmen wir eine Signallaufzeit von 300 000 km/s an, Schall bewegt ich mit 343 m/s. Wollen wir nun für einen 5 m langen Raum die Verzögerung erzeugen, sind das etwa 15 ms. Um bei der Signallaufzeit von Kupfer diese Verzögerung zu erzeugen sind 4500 km Kupferkabel nötig. Kann man machen, ist aber wohl für die meisten Wohnzimmer ein wenig unpraktikabel.
HighResMac: Das glaube ich auch – und es wäre auch den meisten Frauen als Einrichtungsoption schwer zu vermitteln. Bleibt noch eine andere Kabel-Frage: Sollte ich die rückwärtigen Lautsprecher mit der selben Kabel-Qualität anschließen? Oder genügten 10 Meter Kupferlitze mit 4 qmm aus dem HiFi-Shop nebenan?
Günther Nubert: Ich würde generell dazu raten, die gleichen Kabel oder zumindest Kabel aus der gleichen Serie für alle Lautsprecher einer Anlage zu verwenden, egal ob diese nun aus zwei, vier oder mehr Boxen besteht. Wir sind aber in der Tat der Meinung, dass 4 mm² Querschnitt für die meisten Anwendungsfälle vollkommen ausreichen. Der berüchtigte Kabelklang hält Blindtests üblicherweise nicht stand.
HighResMac: Gibt es eigentlich auch Boxen oder Subwoofer, die sich entsprechend für ein DBA laufzeitverzögert einstellen lassen? Oder wartet da noch ein unentdecktes Geschäftsfeld?
Günther Nubert: Wie gesagt, wir hatten bis vor rund einem Jahr geeignete DSP-Subwoofer im Programm. Wir haben die Funktion mittlerweile in unseren Vorverstärker nuControl verlagert. Dieser bietet alle Optionen für die einfache Inbetriebnahme eines solchen Arrays.
HighResMac: Wenn ein Raum im Tiefenbereich zickt, ist dann ein DBA immer die beste Lösung? Welche Tipps hätten Sie noch parat?
Günther Nubert: Ein DBA ist auf jeden Fall die zuverlässigste Lösung, wenn der Platz dafür vorhanden ist und das Budget es hergibt. Der erste Ansatzpunkt sollte freilich immer die Aufstellung und Anordnung der Lautsprecher sein. Wenige Zentimeter machen da akustisch oft schon einen Riesenunterschied. Ansonsten lässt sich über eine Optimierung der Raumakustik ebenfalls viel erreichen. Auch das kostet freilich Platz und Geld – fragen Sie mal einen Raumakustiker!
HighResMac: Vielen Dank für das Gespräch!
Abbildungen: Nubert
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