Rack erden – die Profi-Variante
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Nachdem ich kürzlich mit etwas Draht und Zeit mein Rack erfolgreich geerdet hatte, kontaktierte mich Arno Selker von Creaktiv, um mir die herstellereigene Lösung zum Test anzubieten. Warum nicht, dachte ich, und zur Belohnung darf ich jetzt wieder schrauben. Dann hören, vergleichen und schreiben. Das Ergebnis?
Solide
Die Erdung à la Creaktiv erfolgt gleichfalls über die Rohre, allerdings sind es Spezial-Rohre. Sie haben auf einer Seite eine eingelassene Führung, in der rechteckige Muttern mit Inbusschrauben eingelassen sind uns die auch innerhalb des jeweiligen Rohrs nach oben und unten bewegt werden können. So lassen sich die Schraubpunkte gut an die Position der jeweiligen Geräte heranführen.
Die Geräte werden über spezielle Kabel angeschlossen, die mit Ösen von den eben erwähnten Inbus-Schrauben an den Muttern fixiert werden. Hierbei gibt es zwei Sorten Kabel:
- Solche mit Öse auf der einen und Cinch-Stecker auf der anderen Seite, wobei lediglich der Außenring des Cinch-Steckers mit dem Kabel verbunden ist.
- Solche mit Öse auf der einen und Schuko-Stecker auf der anderen Seite, wobei hier lediglich die Erde mit dem Kabel verbunden ist. Phase und Nullleiter des Steckers sind ohne Verbindung und Funktion.
Lieferumfang
Für den Test mit meinem Creaktiv Trend erhielt ich ein Rohr mit 24 cm Länge und vier Schraub-Aufnahmen sowie ein kurzes Rohr mit 6 cm und zwei Schraub-Aufnahmen.
Das kurze Rohr ist als Austausch für einen Fuß gedacht. Es soll das Schuko-Kabel flach in Richtung Steckdose starten lassen und den Nutzer vor vermeidbaren Lianen am Rack bewahren.
Zu den beiden Rohren legte Creaktiv 16 Unterlegscheiben, um die geringfügig größeren Längen der neuen Rohre gegenüber den am Rack verbleibenden Rohre bei diesen ausgleichen zu können.
An Assistenz-Draht fand ich im Karton ein Cinch-Kabel mit 50 cm Länge, drei Cinch-Kabel mit 100 cm Länge sowie ein Schuko-Kabel mit 300 cm Länge. Die Cinch-Kabel sind bei diesem Test-Set mit ci2p-Technologie ausgestattet, es gibt sie allerdings auch ohne diese Veredelung.
Da sich mit all dem sich trefflich spielen lässt, legen wir einfach los.
Montage
Der Aufbau ist im Prinzip ganz einfach: Altes Rohr raus, neues Rohr rein. Basis geschaffen.
Da die neuen Rohre länger als die alten sind, legt Creaktiv die erwähnten großen Unterleg-Schreiben bei, mit denen sich die Höhe ausgleichen lässt. Dafür ist bei den mittleren Rohren lediglich eine weitere U-Scheibe nötig, da sie bereits gegen die Basen oben und unten mit einer Unterleg-Scheibe abschließen. Bei den Füßen, die nur zu einer Basis Kontakt haben, sind entsprechend zwei U-Scheiben nötig.
Sobald das Rack wieder auf seinen Füßen steht, könnte der Hörtest beginnen – wäre nicht erst einmal der Rückbau akustisch zu verinnerlichen. Denn parallel zur Montage der Creaktiv-Erdung habe ich die von mir eingesetzten Messingdrähte wieder entfernt, so dass sich das Rack in diesem Moment wieder im erdungsfreien Urzustand befindet und später ausschließlich die Wirkung des creaktiv-eigenen Verfahrens präsentieren wird.
Faraday, wo bist du?
Der aufmerksame Physiker wird bemerkt haben, dass bei der Erdung über nur ein Bein der von mir ursprünglich geschaffene Faradaysche Käfig nicht mehr existiert.
Creaktiv-Mann Arno Selker meinte, dass ein solcher gar nicht immer zielführend sein muss, da auch die Geräte elektromagnetische Felder emittieren können. Und wenn dem so sei, könnten diese aus einem Faradayschen Käfig so wenig hinaus, wie Störungen von außen hinein. Entsprechend bestehe die realistische Möglichkeit, sich durch zu intensiven Protektionismus selber in den Erfolg zu funken.
Genau das vermeidet Creaktiv mit der hauseigenen Lösung, wobei durch die Verbindung der aktiven Komponenten mittels Cinch am Rack und des Racks per Schuko-Stecker mit der Hauserde eine andere, gleichfalls effektive Ableitung gegeben sein soll.
Wir werden es hören. Eventuell.
Klang blank
Ohne Erdung ist der Klang der Test-Bench erwartungsgemäß ordentlich. Alles wirkt nach wie vor sehr plastisch, die Höhen präsentieren sich allerdings eine Spur schärfer und die Differenzierung ein Quäntchen verwaschener. Auch der Bass ist ein Häppchen weniger straff, alles hörbar, aber nicht in dramatischen Dimensionen.
Über Kopfhörer präsentiert sich die Thematik schon etwas anders. Das freundliche Stör-Genuschel, von der Erdung vertrieben, gibt sich erneut ein Stelldichein und sorgt für hintergründige Basis-Beschallung der eingestreuten Art. So war das nicht geplant. Und weil das Quergefunke nervt, wenden wir uns den Kabeln zu.
Cinch-Kontakt
Als erstes versuche ich eine simple Variante: Je ein Erdungs-Cinch-Kabel mit einer freien Cinch-Buchse von Verstärker und DAC verbinden. Mehr Cinch-Kontakte gibt es eh nicht, sehen wir mal vom Eingang des Elektrostaten-Verstärkers ab, dessen zwei Cinch-Buchse allerdings mit einem Ausgang des Verstärkers verbunden sind.
Die Erdungs-Ösen der Cinch-Kabel verbinde ich mit dem 24-er Rohr des Erdungs-Sets, wobei ich die untere der vier Schrauben für den Verstärker nutze. Die zweite von unten verwende ich für den DAC, da dieser auf der Basis oberhalb des 24-er Rohrs aufgestellt ist, wobei ein Meter Kabel trotzdem deutlich länger als nötig ist, der wilde Kabelsalat aber zumindest in Teilen gebändigt wird.
Der Neustart der Playlist offenbart zuvorderst eines: Es ist lauter. Und gar nicht wenig. Dazu wirkt der Klang insgesamt runder, ausgewogener und voller. Zwei Kabel und ein Bein sollen das anstellen?
Es scheint so. Wobei ich nach allen HiFi-esoterischen Erfahrungen der vergangenen Monate annehme, dass nicht die Kabel allein für den Volumen-Zuwachs verantwortlich sind, sondern auch die ci2p-Veredelung ihr Quäntchen hierzu beiträgt
Cinch-Klang im Detail
Der Klang selber gewinnt am deutlichsten hörbar bei Brooke Sharkey, die bei Your Tomorrow vom Album Wandering Heart sehr präsent und im Detail fein hörbar im Raum singt, mit der nylon-besaiteten Akustik-Gitarre vor dem Bauch. Alles sehr authentisch, ein richtiges Heim-Konzert.
Apropos Heim-Konzert, ein bisschen Beethoven könnte auch nicht schaden, denn das wird mir täglich live im Wohnzimmer vorgespielt. Die Aufnahme der Mondschein-Sonate aus dem Hause Deutsche Grammophon mit Wilhelm Kempff an den Tasten rauscht allerdings so bestialisch, dass der Griff zu Vladimir Horowitz Complete Works geht, die zwar auch ein bisschen rauscht, aber wesentlich erträglich als die Einspielung der Deutschen Grammophon.
Horowitz spielt sensibel, sein Flügel klingt leicht näselnd und mit Holz. Das ist insofern charmant, als die damalige Aufnahmetechnik solches tatsächlich auf Magentspur bannte. Stephanie Proot klingt neuzeitlich eingespielt und als DSD 64 goutiert in den Mitten aber ganz ähnlich, so dass die Magnetspuren bei Horowitz offenkundig bloß ein paar Höhen und Brillanz kappten. Proot verfährt mit den Noten übrigens sensibler und zarter, was die Mondscheinsonate noch mondiger macht (Merci!). Doch das nur am Rand bemerkt.
Und die harte Fraktion? Black Out vom jüngst veröffentlichten Album Shade der US-Band Living Colour pumpt erfreulich fett aus den Hans Deutsch 311 Retro, die ja manchem eher als Akustik-Fans gelten. Anders als bisher ist die Band mit Hilfe der Creaktiv-Erdung beachtlich präzise durchsortiert. Die Instrumente sind sehr gut platziert, und das in Höhe wie Tiefe, was sich durch den geringen Einsatz von Hall in der Aufnahme prima verorten lässt.
Die Klarheit, die durch die Erdung hinzu kommt, macht den Gesang von Corey Glover herrlich bissig, die Bassdrum hat einen vollen Punch, Vernon Reids Gitarre ist im besten Sinne griffig – diese Darbietung macht gefährlich viel Spaß, zum einen mit Blick auf die Gesundheit der Ohren, zum anderem unter dem Aspekt des gefährdeten Hausfriedens, denn je lauter, desto heißer wird das Vergnügen. Auch, weil die Höhen präsent, aber keine Spur scharf sind.
Bein an die Hauserde
Im zweiten der drei möglichen Szenarien schrauben wir zuerst einmal das Schuko-Kabel an das Rack. Dann ziehen wir die Cinch-Stecker wieder aus den Geräten und stecken dafür das Schuko-Kabel in eine freie Steckdose in der Wand. Damit wäre das Bein geerdet, ohne die Geräte direkt mit einzubinden. Eine gute Idee?
Um ehrlich zu sein: Nein. Die Wiedergabe wirkt wie vor der Erdung, zwar gut, aber im Vergleich zu gerade eben ist der Klang ausgedünnt, weniger rund, etwas schärfer und nicht ganz so präzise.
Die Dramatik ist nicht herzinfarkt-gefährdend, aber wahrnehmbar. Und damit wechseln wir gleich zu Variante drei:
Hauserde ans Rack, Cinch an die Geräte
Nachdem nun die Geräte per Cinch mit dem Rack einen Versuch hatten und das Rack mit dem häuslichen Stromkreis, ohne die Geräte mitspielen zu lassen, dürfen nun alle gemeinsam performen:
Und das tun sie in der Tat!
Haus-Erdung, Rack und Geräte zu verbinden, scheint noch eine Schippe drauf zu legen. Was als aller erstes auffällt, ist der Zugewinn an Bühne. Sie ist in jeder Dimension weiter. Zugleich verschieben sich klangliche Präzision und Fülle noch weiter ins Plus. Die Cinch-Rack-Lösung ist damit eindeutig nur ein Zwischenschritt gewesen.
Black Out klingt mit geweiteter Dimension und präzisierter Wiedergabe fraglos frischer und munterer. Das Gegenprogramm mit Brooke Sharkey bestätigt den Eindruck: Sie ist einen Schritt vor ihre Mitmusiker getreten, die sich ordentlicher über die Bretter, die die Welt bedeuten, verteilen. Alles lässt sich wunderbar orten, und die vielfältigen Details ihrer Darbietung sind auch über Lautsprecher leicht einzufangen.
Kein Mangel an Details herrscht auch bei Pink Floyd: Cluster One des Albums The Division Bell startet mit einem Geräusch-Potpourri, das sich sauber auf eine Linie reiht und jedes gut zu lokalisieren erlaubt. Der schnurgerade Horizont erhält sich auch im weiteren Verlauf – bisher war er eine Spur unruhiger, was aber erst im Vergleich zur just stattfindenden Wiedergabe deutlich wird.
Das reizt nach dem Griff in die CD-Kiste: Supertramp. Die Frage: Wie viel Raum steckt in School? Die Antwort:
Viel. Und viel mehr, als im ersten Moment zu erwarten. Die Mundharmonika intoniert nicht in einem Keller, es ist eher ein sehr geräumiges Verließ. Der fast hallfreie Gesang wirkt im Kontrast hierzu sehr direkt und präsent. Im weiteren Verlauf stellt sich eine wohlsortierte Band vor die Lautsprecher und rockt sehr entschlackt vor sich hin. Klasse.
Fazit
Das Rack zu erden ist eine gute Idee. So weit waren wir schon. Das Rack professionell zu erden, ist eine noch bessere Idee.
Insbesondere die Klarheit der Wiedergabe macht noch einen zusätzlichen Schritt nach vorn. Es macht fast den Eindruck, als seien sämtliche Frequenzen besser ausdifferenziert – keine größere Spreizung, aber eine feinere Sortierung. Die Musik gewinnt hierdurch an Qualität und auch an Charme.
Wobei im Falle unseres Test-Sets auch die ci2p-Technologie ein bisschen zu dem Klangglück beizutragen scheint. Zumindest lässt die Art der Veränderung und die Erfahrung mit anderen derartigen Verfahren darauf schließen. Womit zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen wären. Ist ja auch nicht verkehrt.
Und auch in diesem Fall gilt: Für den Preis gibt es keine Komponente, die den Klang so deutlich hebt.
Produkt-Daten
Produkt: Rack-Erdung
Hersteller: creaktiv
Modell: Erdungs-Set für 4 Komponenten
Besonderheit: ci2p-veredelte Kabel
Maße: 1 Rohr 6 cm, 1 Rohr 24 cm, 1 Cinch-Kabel 50 cm, 3 Cinch-Kabel 100 cm, 1 Schuko-Kabel 300 cm (andere Maße auf Anfrage)
Preis: 299 Euro (ohne ci2p-Veredelung: 199 Euro)
Hersteller-Website: creaktiv
Abbildungen: HighResMac/Tom Semmler
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